Tiefseetaucher | Dieser Cocktail-Artikel hat versucht, mich zu töten

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Ja, wir haben den Titel für diesen Artikel von How to drink-Greg gemopst, aber er war einfach zu passend. Denn dieser Artikel über Charles Schumanns nautische Rum-Trilogie und ihren Höhepunkt, den Tiefseetaucher-Cocktail, ist ein sehr persönlicher. Getragen von einer Recherche, die knapp 20 Jahre überspannt und die höchstfeierlich mit besagtem Cocktail endet, den man – keinesfalls, niemals, unter keinen Umständen – an einem Wochentag trinken sollte. Zumindest nicht, wenn man tatsächlich schon seit 20 Jahren legal Alkohol trinken darf. Ja, ich lebe noch, dies ist nicht mein feuchtfröhlicher Nachruf. Aber es war knapp.

Als ich Cocktailbart-Thomas im Vorfeld informiere – “Du ich muss den Tiefseetaucher jetzt endlich mal schreiben. Ich habe Angst, aber ich bin bereit”, merkt er an: “Da musst du eigentlich im Vorfeld endlich mal den Film ‘Die Tiefseetaucher’ schauen, ohne korrespondierende Film-Empfehlung fehlt dem Text was.” Ich folge diesem Rat, setze mich mit dem eher fliegengewichtigen Leichtmatrosen vor Wes Andersons skurriles Meeresforscher-Abenteuer. Nach wenigen Minuten erklärt der von Bill Murray gespielte Steve Zissou über seinen Dokumentarfilm, bei dessen Dreh sein Freund Esteban von einer unentdeckten Hai-Spezies gefressen wurde: “Es sollte unser bislang ehrgeizigstes Abenteuer werden. Und am Ende ein tragisches.” Tja …

Wir schreiben das Jahr 2004

Kurz nach dem Abi, Zivildienst. Menschen überall in der Republik finden noch D-Mark in ihren Sofaritzen und Winterjacken. Ich habe wallende, lange Haare, in denen sich der allgegenwärtige Zigarettenrauch der Kneipen fangen darf. Geld habe ich dagegen keins. Genusstrinken bedeutet ab und an mal richtig gutes Bier, Cocktails gönnt man sich der Wirkung wegen, zur Happy Hour, für 2,99 Euro aus dem Ikea-Wasserglas. 60 Minuten Tempo, damit der Rausch dich durch den Rest des Abends trägt.

Irgendwann entdecke ich, dass es in unserer Regensburger Stammkneipe namens Carlitos einen Drink namens Schwermatrosen gibt. Er besteht aus wenig mehr als diversen Rum-Sorten und Limettengedöns. Ich probiere und überlebe. Geschmacklich gerade so erträglich in all seiner Wucht, aber effizient wie Seuche. Als ich mich irgendwann erkundige, was denn dieser Tiefseetaucher wäre, der hätte doch genau dieselben Zutaten laut Karte, erfahre ich: “Der ist halt nochmal heftiger. Den willste nicht”. Ich erkläre der Dame vom Service, höflich aber bestimmt – vor allem aber dämlich -, dass ich den sehr wohl wolle und sie nicht meine richtige Mutter sei. Doch genau wie bei Mama werde ich mir im Laufe dieses den Gerüchten nach verheerenden Abends noch denken “Hätte ich nur auf sie gehört”.

Charles Schumanns nautische Rum-Trilogie

Wider besseren Wissens habe ich in dieser Zeit mehr als diesen einen Tiefseetaucher “genossen”. Gerne als Hauptgericht, nach einem Entree-Schwermatrosen. Dann waren Magen und Gaumen für Rum mit einem Spritzer Limette und Crushed Ice aufgewärmt. Ob’s auch mal eine Nachspeise gab? Ich erinnere mich zu meiner Schande nicht. Springen wir lieber nach vorne ins Jahr 2017. Cocktailbart.de ist angelaufen, ich trinke verantwortungsvoller und vor allem besser. Diverse große Cocktailklassiker finden sich auf der Webseite und ich entscheide mich, auch die Hassliebe meiner frühen 20er in den Redaktionsplan zu schreiben. Vielleicht gibt’s den ja auch in gut, vielleicht hat das Carlitos da ja immer nur Mist zusammengeschüttelt?

Ich lerne: Der Tiefseetaucher ist der Höhepunkt einer nautischen Rum-Trilogie von Bar-Legende Charles Schumann, der damit in den 80ern die Tiki-Philosophie auf die Arbeit in der Schumanns Bar und den Geschmack seiner Kunden anpasste. Wobei er lediglich alkoholisch der Höhepunkt ist – Schumann erfindet ihn 1984, genau zwischen Schwermatrose (1983) und dem deutlich weniger heftigen Leichtmatrosen (1986). Wir dürfen davon ausgehen, dass es Schumann war, der George Lucas das Episoden-Nummerieren beigebracht hat.

Jedenfalls fällt natürlich irgendwann mein Blick auf das Original-Rezept des Tiefseetauchers. Es ist schnell klar, dass mir auch 2004 garantiert niemand exakt diesen Drink für 2,99€ serviert hat. Aber selbst wenn es nur der halbe war, ist gut ersichtlich, warum der Cocktail so “effizient” war. Um auch an dieser Stelle Steve Zissou zu zitieren: “Ich verstehe es nicht, aber es ist trotzdem Schwachsinn.”

Tiefseetaucher Cocktail-Rezept

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Vorbereitungszeit1 Minute

Zubereitungszeit1 Minute

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Der Tiefseetaucher ist ein intensiver Cocktail aus Charles Schumanns Rum-Trilogie, der Overproof Rum, gereiften und ungereiften Rum, Triple Sec, Limettensaft und Puderzucker kombiniert. Dieser starke Mix wird mit viel Eis geschüttelt und in ein Highballglas gefüllt, um eine kraftvolle, geschmacksintensive Erfahrung zu bieten. Der Drink ist nicht nur durch seinen Alkoholgehalt herausfordernd, sondern auch durch seine reiche Aromatik, die ihn zu einem besonderen Erlebnis macht.

Der Tiefseetaucher-Cocktail aus Charles Schumanns nautischer Rum-Trilogie.

Zutaten

Für den Cocktail

  • 6 cl Overproof Rum
  • 6 cl Gereifter Rum
  • 2 cl Ungereifter Rum
  • 2 cl Triple Sec
  • 1 Barlöffel Puderzucker
  • 1 cl Limettensirup
  • 4 cl Limettensaft

Für die Garnitur

  • 1 Limettenspalte

Zubereitung

  • 1

    Alle Zutaten mit viel Eis shaken, in ein Highballglas gießen.

  • 2

    Gegebenenfalls mit Crushed Ice auffüllen (ha, als würde da noch was ins Glas passen).

  • 3

    Mit einer Limettenspalte garnieren.

  • 4

    Trinken.

Die Einkaufsliste für den Tiefseetaucher

(Mit einem * markierte Links sind Affiliate-Links aus dem Amazon-Partnerprogramm. Benutzt ihr diese für euren Einkauf, erhalten wir dafür eine kleine Provision, am Preis selbst ändert sich für euch nichts.)

Unser Kampf mit dem Tiefseetaucher-Cocktail

Wir verschieben den Artikel immer wieder, jahrelang. Anders als bei anderen Drinks von Charles Schumann, die im Laufe der Zeit als aus der Mode geraten sind, finden wir keinen Zugang. Ein Swimming Pool ist eine Pina Colada mit Wodka und Blau. Das muss man nicht ganz durchschauen, um es zu genießen, es macht halt einfach Spaß. Aber wenn man sich in einem einzigen Glas 16 cl Alkohol “gönnt”, also mehr als eine Fünftel Flasche Rum, dann sollte das einem größeren Zweck dienen. Mit der Zeit wird uns durchaus klarer, was Schumann da versuchte, in den düsteren 80ern, zwischen Fanta Korn und Fuzzy Navels. Ein Schwermatrose ist immer noch näher am Mai Tai als ein Batida Kirsch. Charles Schumanns Rum-Trilogie ist ein tapferes, bewundernswertes Leuchtfeuer in einer Zeit, in der es für die Barkultur ums nackte Überleben geht. Es musste nie hell sein, es sollte einfach nur brennen.

Spätestens nach Wes Andersons Meisterwerk bin ich bereit und lasse mich auf dieses Abenteuer ein. “Wenn ihr mich bitte entschuldigt, ich begebe mich jetzt auf Sauftour und in 10 Tagen laufe ich aus, um den Hai, der meinen Freund gefressen hat, umzulegen.” erklärt Steve Zissou in meinem Kopf. Nach dem Mixen stellen wir aber erstmal ganz wissenschaftlich fest: sieht alles gleich aus, nach “Braun mit Crushed Ice”. Aber schmeckt unterschiedlich. Der Leichtmatrose nach einem ganz guten Rum Sour. Der Schwermatrose nach viel zu viel Rum, auch sauer, aber mit zu wenig Süße, da fehlt Balance. Ist aber jetzt auch nicht besser oder schlechter als ein Hurricane. Die Rezepte für diese beiden Drinks findet ihr übrigens ganz oben im Artikel.

Es folgt das Grande Finale, der Tiefseetaucher. Ich nippe. Als ich 5 Stunden später auf der Couch aufwache, fragt mich meine Frau: “Wie viele Finger halte ich in die Luft?” und ich antworte wahrheitsgetreu mit “Keine Ahnung, dafür bin ich nicht zuständig”. Der anspruchsvolle Cineast erkennt auch darin ein Film-Zitat, aber ganz im Ernst, der morgen nach Verkostung und Foto-Shooting war nicht okay. Überhaupt nicht okay. Und wenn ich aus meinen Geschmacksnotizen noch einigermaßen schlau werde, hat sich das Abenteuer anders als bei Zissou nicht gelohnt. Der begegnet am Ende seinem Jaguarhai und vergisst über dessen majestätischer Schönheit alle Rachegelüste. “Rum und Sodbrennen” lautete dagegen mein Fazit. Das klingt wenig verheißungsvoll – aber wer sich der deutschen Bar der 80er näher fühlen möchte, ein Abenteuer aus längst vergessenen Tagen erleben will, der sollte sich vielleicht doch mal darauf einlassen. Falls ihr das tut, könnt ihr euch das Leben an einigen Stellen aber wenigstens ein wenig geschmackvoller machen.

Die richtigen Zutaten für Schumanns Rum-Trilogie

“Ich kämpfe mit ihm, aber lasse ihn leben. Was ist mit meinem Dynamit?” erklärt Bill Murray, als seine Geldgeber ihm verbieten, den Jaguarhai zu töten, der seinen Freund gefressen hat. Eine Attitüde, mit der ihr euch auch dem Rum-Monster aus der Tiefe nähern solltet. Nehmt ordentlichen Sprit, gut gebranntes Zeug, das nicht schon nach Kopfweh riecht – das aber gleichzeitig bezahlbar ist. Lustigerweise bestehen Schwermatrose und Tiefseetaucher nämlich fast nur aus Rum, aber dessen Nuancen liegen im aromatischen Mariannengraben, wo nie die Sonne hinscheint. Hier macht sich das Mix-Lineup von Plantation mit dem ungereiften 3 Stars, dem gereiften Dark Rum und dem O.F.T.D. Overproof Rum hervorragend – alles gute, bezahlbare Produkte.

Die Spielereien mit Puderzucker und Limettensirup statt des Lime Juice Cordial aus dem Schwermatrosen könnt ihr ignorieren. Nehmt Cordial und statt dem Puderzucker 1 cl Zuckersirup. Wir wollten das Originalrezept einfach historisch genau abbilden. Beim Rest, also dem Kaffeelikör für den Schwermatrosen und dem Triple Sec für den Tiefseetaucher, verfahren wir ganz ähnlich: Kahlua oder Tia Maria für den Kaffeelikör und Cointreau, damit kann man erstmal nicht viel falsch machen. Womit man viel falsch machen kann: Timing. Trinkt die Original-Version dieses Monsters nicht einfach so als Cocktail zwischen Cocktails. Mixt euch dafür den “leichteren” Schwermatrosen, wenn’s sein muss. Aber wer sich dem Ungeheuer Tiefseetaucher nähert, der sollte es mit geballter Aufmerksamkeit und Konzentration tun. Dazu eine Flasche Wasser trinken. Und danach ins Bett gehen.

Die Einkaufsliste für den Tiefseetaucher

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