Ein Old Fashioned mit kubanischem Rum, dazu eine kubanische Zigarre – mal was anderes als Foodpairing.

Cocktails und Zigarren

Cocktailbart ging ziemlich genau sechs Monate nach dem Ende der Serie Mad Men an den Start, Ende 2015. Damals hatten wir so gut wie keine Ahnung von gehobener Trinkkultur und schon gar nicht von wirklich guten Rums oder Whiskys oder was diese auszeichnet. Die Art wie Kreativ-Genie Don Draper im New York der 60er nonchalant einen Old Fashioned nach dem anderen orderte, prägte schon mein Bild von diesem Drink, bevor ich mir das erste Mal selbst einen genehmigte. Ehrlich gesagt komme ich mir auch heute noch manchmal vor wie der König der Madison Avenue, wenn ich gedankenverloren den Tumbler in meiner Hand kreisen lassen. Trotz dieser Prägung käme ich aber nie auf die Idee, mir einen Glimmstengel zum Old Fashioned anzuzünden, ganz egal wie cool Don damit aussehen mag. Zum einen, weil ich lange genug selber geraucht habe und zum anderen, weil das zum Glück schon so lange her ist, dass ich dem Zigarettenrauch so gar nichts abgewinnen kann.

Anders sieht das aus in Sachen Zigarren – alleine schon weil ich den Tabakduft einer guten Zigarre mag, egal ob angezündet oder nicht. Meine Stilprägung hier? Tatsächlich deutlich weniger cool als die abgedrehte Werbewelt des mittleren 20. Jahrhunderts, sondern etwa 40 Jahre früher angesiedelt; in der Adelswelt von der britischen Serie Downton Abbey. Weniger tiefgreifend, mit viel mehr Wohlfühlen und mit Familiendramen, die sich immer irgendwie zum guten Wenden. Liebe und so. Aber auch Zigarren: nach jedem Dinner bleiben die Herren hier am Tisch sitzen und gönnen sich eine Zigarre, während die Damen sich in den Salon zurückziehen. Einfach mal eine Zigarrenlänge lang nur bei einem guten Gespräch dasitzen, während der Butler einen guten … Ja, gut, in Downton Abbey schenkt er meist einen Port oder Cognac ein. Dagegen kann man eigentlich nichts sagen – aber irgendwie fehlt uns hier dann doch wieder die Don-Coolness. Kriegen wir das nicht beides zusammen?

Zigarrenpairings sind eine Welt für sich

Gar nicht mal so viele Menschen wie man meinen sollte, stellen sich aktiv die Frage: „Was rauche ich zu meinem Getränk?“, stattdessen sind es meist die Zigarren-Aficionados, die sich ausführlich mit der Frage beschäftigen: „Was trinke ich zur Zigarre?“. Aber schon, wenn man sich lediglich auf Basis-Kategorien beschränkt, ist es eine Wissenschaft für sich, welche Zigarre man mit welchem Drink kombiniert. Stellt man jetzt von einem spezifischen Cocktail aus die Frage, welche Zigarre man sich dazu genehmigen könnte, wird die Datenlage noch ein gutes Stück komplizierter. Zwar gibt es durchaus Magazine und Blogs, die sich mit der Kombination von Cocktails und Zigarren auseinandersetzen, im Zweifel bleibt es hier aber bei einzelnen Kombinations-Tastings, die sich dann meist auch nur schlecht nachstellen lassen. Entweder, weil nicht an die passende Zigarre kommt oder der Test-Drink eher so mittelliebevoll zubereitet wurde. Zigarren-Kenner sind häufig auch geschulte Whisky- oder Rum-Feingeister – Mixologen finden sich unter ihnen allerdings eher selten.

Die Kollegen von der Mixology wählen hier den einzig vernünftigen Ansatz und befragen Menschen, die sowohl in der Cocktail-Welt als auch im Zigarren-Kosmos zu Hause sind, Genuss-Kosmopoliten der Gastronomie. Wir lernen dabei, dass die „ […] Aromen-Wahrnehmung ausbalanciert wird, wenn trockene, erdige Zigarren mit trockenen Spirituosen kombiniert werden, leichte Spirituosen mit milden Zigarren und starke, kräftige mit ebenso kräftigen.“ – so zitiert Autorin Michaela Bavandi den Cigartender Michael Schroff. Wir merken uns also: Was wir für eine Zigarre brauchen, hängt im Wesentlichen davon ab, wie heftig wir uns unseren Drink mixen.

Wie würden wir Zigarren und Cocktails kombinieren?

Dieser Artikel entsteht aus einer Lockdown-bedingten Sehnsucht nach diesen Downton Abbey-Momenten heraus, nach der Lust auf Gesellschaft, einem guten Gespräch und gemeinsamen Genuss. Klingt jetzt zugegeben ein wenig sehr gestelzt, aber sorry, ist halt so. Jedenfalls läuft die Nummer jetzt so: wir skizzieren euch auf, wie wir uns Cocktail-seitig der Zigarrenwelt nähern werden – und sobald die Welt wieder normal ist, eröffnen wir die wiedergeborene Welt der Gruppentastings mit einer Zigarrenteststrecke, über die wir euch ausführlichst hier berichten werden.

Cocktails mit Rauch, das kennen wir – Cocktails zum Rauchen sind ein spannendes, neues Feld, dem wir uns bald näher widmen.
Cocktails mit Rauch, das kennen wir – Cocktails zum Rauchen sind ein spannendes, neues Feld, dem wir uns bald näher widmen.

Unser Versuchsaufbau? Nun, da Rum rein zufällig die bevorzugte Spirituose des Autors dieser Zeilen ist und Rum- und Zigarren-Länder zufällig weiträumig deckungsgleich sind, machen wir es uns einfach und kombinieren im ersten Schritt drei Rum-Drinks mit drei Zigarren. Dabei versuchen wir jeweils, die entsprechenden Power-Levels des Cocktails mit denen der Zigarre zu matchen.

Falls ihr übrigens aus genau der anderen Richtung auf diesem Artikel gelandet seid und wissen möchtet, welchen Rum-Cocktail ihr zu eurer Zigarre trinken sollt: Hey, hier sind unsere Empfehlungen.

Der Cocktail für die milde Zigarre: Old Cuban

Ein Old Cuban ist im Prinzip die luxuriöse Version eines Mojito: ein mit viel Minze gemixter Rum Sour, der in diesem Fall aber nicht mit schnöder Soda aufgegossen wird, sondern mit Champagner. Der Basis-Rum ist im Original ein Bacardi Ocho, also ein eher milder gereifter Rum – wir setzen in dem Fall auf einen Graphit Rum oder einen Plantation Isle of Fiji. Rums mit Charakter und leichten Fruchtnoten. Der Old Cuban gerät so leicht und spritzig und sollte eine milde Zigarre nicht aromatisch überfordern.

Der Cocktail für die mittelkräftige Zigarre: Kennedy Manhattan

Der Kennedy Manhattan, den wir zuerst bei den Kollegen von Bar Vademecum entdecken, ist ein Mix aus Rum, weißem Wermut, Bitters und Ahornsirup. Eine ganz besondere, leicht gesüßte und vor allem helle Form des Manhattan Cocktails mit einem wahnsinnig runden Mix aus Kräutrigkeit und Würze, die den eingesetzten Rum perfekt untermalt. Im Original ist das ein eher süßer Demerara Rum, der El Dorado 15. Der funktioniert hervorragend, wir würden alternativ auf einen mittelkräftigen Jamaikaner wie den Plantation Xaymaca setzen – der ist jedoch knochentrocken. Beide Rums sind aromatisch genug, um mit einer mittelkräftigen Zigarre mithalten zu können. Welchen ihr davon bevorzugt, hängt davon ab, wie süß ihr eure Drinks mögt.

Der Cocktail für die kräftige Zigarre: Rum Old Fashioned

Wir kommen zurück zum Anfang. Ein Rum Old Fashioned ist wenig mehr als ein Glas voller Rum auf Eis, garniert mit einem Hauch von Zucker, Bitters und den ätherischen Ölen einer Orangenzeste. Eine gute, kräftige Zigarre kann einen allzu milden Rum aber schon unterbuttern, bevor er in einem Cocktail verarbeitet wurde. Also brauchen wir für unseren Rum Old Fashioned einen entsprechend kräftigen Zuckerrohrbrand. Wir denken da zum Beispiel an den grandiosen Hampden Estate 8 Jahre Pure Single Jamaican Rum (den 46prozentigen wohlgemerkt, die Overproof-Variante ist dann doch etwas zu kräftig) oder den Burke’s Seamaster, einen hocharomatischen High-End-Blend aus Jamaica und Barbados Rums, der ebenfalls irre viel Kraft hat.

Bis wir das so durchziehen können (wir feintunen einstweilen schonmal die Cocktails) hier die Frage an die Zigarren-Liebhaber unter euch: habt ihr Matching-Tipps oder qualitativ ordentliche aber bezahlbare Zigarren-Empfehlungen? Wir freuen uns über jede davon.


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